Die Reise 2003 in Kurzform.
Früh morgens ging es los, meine Cousine mit Mann bei Neuss abgeholt und weiter in 2,5 Stunden nach Bielefeld zum Busdepot des Reiseunternehmens. Wir waren um 5:45 Uhr da. Die Fahrt war ruhig und störungsfrei bei leerer Autobahn und so hatten wir noch eine Stunde Zeit bis zur Abfahrt des Busses. Der Bus wurde aus der Garage gefahren und unser Pkw hinein. Pünktlich fuhren wir um 7:00 Uhr ab und luden unterwegs noch an mehreren Haltepunkten Fahrgäste ein. Ein kleineres Problem mit der Lautsprecheranlage im Bus wurde unterwegs in Berlin während einer Pause behoben. Die deutsch - polnische Grenze wurde bei Stettin überschritten. Weiter ging es nach Köslin. Dort stiegen die "Neustettiner" in einen polnischen Bus um. Unser Reiseleiter "Georg" erwartete uns schon und mit dem Bus fuhren wir die 80 km weiter nach Neustettin. Der deutsche Reisebus fuhr weiter nach Stolp und Rügenwalde. Stand uns aber für die offiziellen Fahrten wieder zur Verfügung.
Wir näherten uns Neustettin und die Spannung stieg auf den Höhepunkt. Als die ersten neu gebauten Plattenbauten am Stadtrand auftauchten verflogen alle Illusionen und die Wirklichkeit hatte mich schlagartig wieder. Das Hotel "Resiedence" lag in der Martinstraße, fast in der Parkanlage. Wir erreichten es gegen 17:00 Uhr. Unser erster Weg führte zum Schiffsanleger am Streitzigsee um den Anblick zu genießen und die innere Unruhe in den Griff zu bekommen. Ich war nach 57 Jahren wieder in meiner Geburtsstadt angekommen. Das Gefühl ist nicht zu beschreiben, es kann auch keiner verstehen, der nicht selbst davon betroffen ist. Im Hotel wurden wir liebevoll umsorgt und sehr gut verpflegt.
Am nächsten Vormittag wurden wir von unserem Reiseleiter Georg auf einem Stadtrundgang mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Neustettin und der Geschichte vertraut gemacht. Durch die Parkanlage ging es zum Schloss mit Rosengarten, zur Nikolaikirche, am Niesedop entlang und durch die Schlossstraße zum Marktplatz und Rathaus. Durch die Königstraße an der Alten Post und am Gerichtsgebäude vorbei wieder zurück. Nachmittags gingen wir alleine auf Entdeckungsrundgang zu den Stätten der Kindheit.
Mit dem Taxi fuhren wir zu Viert nach Stolp zum Rathaus und besuchten dort das Rathaus und die kleine Gartenstraße 19. Das Haus, in dem meine Großeltern lebten und ich oft zu Besuch war, stand noch in "Alter Pracht" will heißen im Zustand von 1945 da. Schräg gegenüber gab es sogar noch die Schrebergartenanlage von damals mit dem Garten meines Großvaters. Wir waren alleine unterwegs, da unser Fahrer sich nicht von seinem Auto auf dem Rathausparkplatz entfernen wollte (er wusste wohl warum!). So fehlte die Möglichkeit sich mit den Bewohnern des Hauses zu unterhalten.
Wir wollten noch weiter nach Bonzwitz bei Labehn. Dort hatte der Mann meiner Cousine auf einem Gut gelebt. Seine Eltern hatten dort gearbeitet. Bis vor 10 Jahren war das Gut noch in Betrieb und wurde dann aufgegeben, d.h. alles ist bis auf die Grundmauern abgerissen und wieder verwendet. Über Schlawe und Bublitz fuhren wir wieder zurück nach Neustettin.
Am nächsten Tag stand eine kleine Pommernrundfahrt zum Gestüt in Baldenburg auf dem Programm. Danach über Rummelsburg nach Bytow zum Schloss. Hier besuchten wir das sehenswerte Kaschuben-Museum. Zurück ging es über Pollnow und Bublitz.
Durch ein Belegungsproblem im Hotel wurde zur "Entschädigung" eine Fahrt und Übernachtung in Kolberg durchgeführt. Durch wunderschöne alte Alleen führte uns der Weg zur Bernsteinmanufaktur nach Groß- Schwiersen und weiter nach Kolberg zum Hotel "Scanpol". Wir machten einen Abendspaziergang durch das Kurviertel mit einem Besuch des alten Rathauses und des Kolberger Domes. Anschließend kehrten wir zu einem gemütlichen Umtrunk in den Rathauskeller ein. Am nächsten Morgen gingen wir durch das Kurviertel zum Strand um mit den Schiffen eine Fahrt auf der Ostsee zu unternehmen. Aber bei dem starken Nordostwind stand ein ziemlicher Schwell auf die Hafeneinfahrt und alle Schiffe hatten Ausfahrtverbot. Als das erste und einzige Schiff fahren durfte waren wir dabei. Es war abenteuerlich wie das Schiff von den Wellen gebeutelt wurde. Achterbahnfahrt war beinahe harmlos dagegen. Nach der Rückkehr in Neustettin gingen wir zum Marktplatz zum Kaffeetrinken, Seele baumeln lassen und meiner Großeltern gedenkend, die hier auf dem Markt vor dem Rathaus ihre Holzpantoffeln verkauft haben.
Der nächste Vormittag stand zur freien Verfügung. Meine Frau hatte eine tolle Idee. Vor 2 Tagen hatten wir Georg angesprochen ob es möglich wäre eine Geburtsurkunde von mir und meiner Cousine aus dem Rathaus zu bekommen. Er versprach sich mal zu erkundigen und nahm unsere Geburtsdaten mit. Beim Abendessen die freudige Nachricht "Jawohl es geht" die Familienbücher sind von diesen Jahrgängen im Rathaus vorhanden. So konnten wir in seiner Begleitung das Rathaus aufsuchen und im Standesamt unsere schon kopierten Geburtsurkunden mit Beglaubigung in Empfang nehmen. Da habe ich erst erfahren, dass ich in der Wohnung meiner Großeltern in der Wilhelmstraße 4 geboren wurde und das mich meine Großmutter im Standesamt angemeldet hat. Sie hat handschriftlich unterschrieben. Es ist das einzige Schriftstück, das ich mit der Handschrift meiner Großmutter habe. Es wird wie ein Schatz gehütet. Vor dem Abriss des Hauses waren wir noch kurz in der Wohnung meiner Großeltern und damit an meinem Geburtsort. Heute steht dort nichts mehr.
Um 15:00 Uhr stand eine große Seerundfahrt auf dem Streitzigsee mit Seemannsumtrunk auf dem Programm. Ein Akkordeon-Spieler begleitete uns auf der Fahrt. Georg hatte mit dem Schiffsführer abgemacht an der Mauseinsel für uns als Überraschung anzulegen um das Gelände zu besuchen, weil wir so viel von den Veranstaltungen in der "Gaststätte Mauseinsel" erzählt hatten. Bis auf ein paar Grundmauern steht von der riesigen Anlage nichts mehr.
Abends stand ein romantisches Abendessen auf der Terrasse des Hotels an. Bei Gegrilltem und Akkordeon -Musik ließen wir die Reise noch einmal an uns vorbei ziehen. Die Sonne verabschiedete uns mit einem traumhaften Untergang. Es war wie eine Aufforderung "Seht her, so schön ist es hier, kommt bitte bald wieder". Allen war wehmütig ums Herz, besonders als zum Abschied das Pommernlied angestimmt wurde.
Am letzten Morgen, noch vor dem Frühstück, gingen wir in die Parkanlage zur Schwaneninsel am Streitzigsee um Abschied von der alten Heimat zu nehmen. Nach dem Frühstück fuhren wir wieder mit einem polnischen Bus nach Köslin um dort in den deutschen Bus aus Stolp kommend nach Bielefeld umzusteigen. Gegen 19:00 Uhr stiegen wir wieder in unseren Pkw und fuhren nach Hause.
Unsere Reise in die Vergangenheit war zu Ende, fand aber 2005 eine Fortsetzung. Obwohl mit demselben Reiseunternehmen war diese Reise ganz anders und keinesfalls eine Wiederholung.